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Sardinien im Oktober

Am 29.10.2016 verlassen wir den Campingplatz „Porto Sosalinos“ im Golfo di Orosei, der uns für 3 Wochen ein echtes Zuhause ist, und damit fallen hinter uns die Türen ins Schloss.

6 Merkmale, der Letzte am Platz zu sein

  1. die Portionen aus der Küche fallen spürbar größer oder auch kleiner aus als sonst, je nachdem, was noch da ist und was weg muss
  2. dasselbe gilt für die Bar
  3. der per se freundliche Sarde nimmt sich nun Zeit für die Geheimtipps, für die es zu beherzigen jedoch jetzt oft schon zu spät ist
  4. man erfährt die Vornamen des Personals und deren Lebensgeschichten
  5. man lernt die wenigen anderen Gäste kennen, die noch übrig geblieben sind und freundet sich mit ihnen an
  6. der Kellner kennt Deine Getränkebestellung schon im Vorraus

Warum Sardinen? Warum im Oktober?

Na, ganz einfach: weil wir vorher nicht wegkamen. 2016 hat uns ordentlich in Atem gehalten, der Oktober war unsere letzte Chance, ein Stück vom Sommer abzubekommen. Während es ursprünglich im Sommer nach Norwegen gehen sollte, ist uns das jetzt zu kalt und wir folgen lieber der Empfehlung von Freunden: Sardinien. Wir fahren also 1.150 km und 2 Tage lang mit unserer fahrbaren Puppenstube Richtung Livorno, setzen über Nacht mit der Mobyline Fähre über und erreichen endlich sardischen Inselboden.

Die Temperaturen im Oktober: schwankend zwischen überwiegend 22°C und manchmal 30°C. Von heiter bis wolkig, von mild bis stürmisch. Das Wasser immer noch warm genug zum Baden.

Die Preise sind nach der Hochsaison wieder bodenständig, die Strände werden angenehm leer, der Verkehr reduziert sich auf wenige Teilnehmer.

gut gelaunt unterwegs zur Bar

gut gelaunt unterwegs zur Bar

…weil er für uns einer der Schönsten ist. Wir haben ihn vorher im Internet recherchiert und wir verliebten uns spontan in die kreative und auf Nachhaltigkeit angelegte Handschrift der Bertreiber (einer Deutschen und ihrem italienischen Mann). Die Stellplätze sind in einem Avatar-anmutenden Wald terrassenförmig angelegt, in dem jeder sein Stück Privatsphäre bekommt. Man kann sich dort mit Wohnwagen, Wohnmobil oder Zelt niederlassen, man kann sich aber auch eines der verlockenden Beduinenzelte leihen, oder einen Holz-Bungalow, oder einen bereits etablierten Wohnwagen.

Porto Sosalinos liegt im Golfo di Orosei, ein Gebiet, das wir für uns als das attraktivste Gebiet mit den schönsten Buchten und Stränden herausgefiltert haben.

Die Küche (geführt von Vater und Sohn) ist die Sensation, für die die Leute extra herkommen. Einfache sardische / italienische Küche, aber meisterhaft zubereitet. Die Pizzen sind die besten, die wir je gegessen haben.

Der Campingplatz liegt direkt am Meer, die Sanitäranlagen sind liebevoll angelegt. Ein echtes Erlebnis: die Außenduschen, die einem freien Blick über das Land schenken. Manchmal schenkt das Land einem allerdings auch Blicke zurück.

Obschon wir vorher planten, von Platz zu Platz zu fahren, entscheiden wir spontan, uns im „Porto Sosalinos“ häuslich niederzulassen und die Vorzüge eines Gespanns zu nutzen, indem wir nur mit dem Auto weiterfahren um die Insel zu entdecken.

Im Oktober ist der Platz fest in Familienhand, meist alternative Familien aus der Schweiz, Österreich und Deutschland. Wir fühlen uns ein bisschen verpflichtet zu sagen, dass wir auch Kinder haben, die nur schon aus dem Haus sind. Sonst hätten sie uns vielleicht nicht geglaubt, dass wir uns wirklich wohl fühlen auf dem Platz.

PS: man nennt uns „das Paar vom bunten Wohnwagen“ – liegt wohl an unserer ziemlich zentralen, beleuchteten Lage 🙂

PSS: sämtliche Fotos wurden mit der Fuji X-Pro 2 aufgenommen – unsere neue Reisekamera, die wir erstmalig auf Sardinien getestet haben.

5 Dinge, die auch im Oktober ins Gepäck gehören

  1. Autan und zwar viel davon
  2. Wanderschuhe
  3. Badesachen
  4. Sonnenmilch
  5. eine Kamera

Unsere Trips & Tipps

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Camping Porto Sosalinos

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Spiaggia di Bidderosa

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Spiaggia di Cala Luna

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Grotta di Inspinigoli

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Dorgali

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Costa Smeralda

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Giara di Gesturi, Tuili

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Alghero

Karte von www.d-maps.com

2) die Buchten der Spiaggia di Bidderosa

Die Spiaggia di Bidderosa ist ein Naturpark, der zu fünf spektakulären Buchten führt. Mit dem Auto kostet es ca. 14 € ihn ganz durchqueren zu dürfen. Zu Fuß kostet es 6 € für 2 Personen. Beim ersten Mal sind wir mit dem Auto erst mal alles abgefahren um unser Lieblingsfleckchen zu finden. Beim zweiten Mal sind wir direkt zu Bucht 4 und 5 gefahren, beim dritten Mal ließen wir das Auto stehen und sind in den Wäldern und Bergen trecken gegangen – die wohlklingenden, aber harmlosen Profirouten natürlich, wir müssen uns inzwischen selbst beweisen, dass wir noch fit genug sind. 😉

3) Trecken zur Cala Luna

Pack die Badehose ein – und vergiss die festen Wanderschuhe nicht, du wirst sie brauchen. Man kann zwar auch mit einem Boot an die Höhlen der Cala Luna heranfahren, aber wesentlich eindrucksvoller ist der Treckingpfad (ca. 6,5 km) dahin. Man braucht eine gute Balance, um sich über die recht vielen und großen Steine hinwegzusetzen, ein bisschen Kondition ist auch nicht schlecht, viel Wasser und etwas Nahrung, aber insgesamt kommt man auch als Trecking-Laie gut an. Die Höhlen sind für uns die Wucht, der Strand ein sog. Traumstand, während wir vom Wohlfühlaroma dennoch unseren Hausstrand im Porto Sosalinos bevorzugen. Geklettert wird an jeder Wand, wir schauen geduldig zu. Oder fotografieren.

7) die Hochebene Giara di Gesturi

Die Giara di Gesturi ist eine 43 qkm große und 550m hoch gelegene, em, Hochebene, auf Sardinien. Der riesige mystische Korkeichenwald beheimatet noch Wildpferde, herrenlose Kühe und des Nachts sogar wilde aber harmlose Schweine. Überall finden sich Spuren der Vergangenheit in Form von steinigen Überbleibseln aus der Zeit der Nuraghen. Die üppige Fauna wird durch eine botanische Lehr-Anlage besonders gewürdigt, die sich im Oktober jedoch mehr als Rundweg entlang beschrifteten Gestrüpps darstellt. Ebenfalls vertrocknet sind die Seen, die sonst im Frühjahr alle Tiere ans Wasser locken.

Wir lieben die Gesturi so sehr, dass wir eine Nacht im Agriturismo „Il borgo dell’Arcangelo“ verbringen (Achtung: Geheimtipp!), dort bei der Gelegenheit 3 Flaschen selbstgemachten und reinsten Olivenöls erwerben, um am nächsten Tag noch mal in die Gesturi zu gehen. Tipp: nehmt eine Windjacke mit.

8) Alghero: Sardiniens katalanische Vergangenheit

Alghero ist Sardiniens katalanische Vergangenheit an der Korallenküste. Genauer gesagt wurde Alghero 1354 katalanisch. Sie gilt als die schönste Stadt Sardiniens und nötigt uns deshalb einen Besuch ca. 170 km von unserem Campingplatz entfernt ab. Die Altstadt hätten wir auch gut auf Mallorca vorfinden können, so sehr prägt die katalanische Epoche das Stadtbild. Wir bestaunen die Kaimauer, die vielen Stadtbauten und das kulinarische Wettstreiten entlang der Tourismuswege. Alles in allem jedoch: sooo richtig umgehauen hat Alghero uns nicht, aber sooo richtig in der Geschichte stecken wir auch nicht, um all die sehenswürdigen Sehenswürdigkeiten sehend würdigen zu können.

6) Costa Smeralda und Porto Cervo

Hier legen im Sommer die Schönen und die Reichen mit ihren Yachten an. Im Oktober haben die Luxusläden in Porto Cervo jedoch geschlossen, womit wir denn freien Blick auf das ans Phantasialand erinnernde Kunst-Städtchen haben. Ziemlich halbseiden das Ganze, hat uns nicht wirklich berührt.

Wir besuchen die berühmte Costa Smeralda, die uns mit seinem türkisfarbenen Wasser sicher gut gefallen hätte, hätten wir mit den Buchten am Golfo di Orosei nicht schon das Optimum gefunden und wären die weißen Strände auch wirklich weiß gewesen, statt mit Algen vollgespült. Ein bisschen enttäuscht vom Strand, dafür aber umso beeindruckter von der üppigen Landschaft drumherum kehren wir zurück.

4/5) Dorgali, Nuoro, Grotta Inspinigoli, Cala Gonone, Orosei

Es gibt viele attraktive Ausflugsziele rund um Porto Sosalinos. Nuoro zum Beispiel und Dorgali, beides kleine hübsche Städtchen, durch die wir immer wieder mal durchkommen und Kaffee trinken. Die Grotta di Ispinigoli ist eine bedrückend beeindruckende Tropfsteinhöhle, die Größte Europas im übrigen, die 1945 nur dadurch entdeckt wurde, weil Schafe hier Schutz vor der Sonne suchten und daraufhin rund 50m tief abstürzten. Die weiteren 60m Tiefe sind noch nicht erschlossen. Orosei ist die uns am nahesten liegende kleine Stadt, naja, sagen wir größeres Dorf. Sehr charmant und Herkunft unseres fangfrischen Fischs auf dem abendlichen Grill.

Wissenswertes über Sardinien

  • Die Sarden sind ein unglaublich freundliches Volk, sie hinterlassen in uns das gute Gefühl einer schönen Erinnerung.
  • Die Insel ist groß und unterliegt verschiedenen Klimazonen. Wenn es in eurer Klimazone gerade regnet, fahrt einfach über den Berg und ihr findet dort vermutlich Sonne.
  • Eignet euch vorher unbedingt ein paar Brocken Italienisch an. Es ist zutiefst unbefriedigend, einem netten Sarden etwas Nettes sagen zu wollen – aber nicht zu können.
  • Im Vergleich zu Korsika dauert es etwas, das Wesen der Insel zu begreifen, weil zwischen den Spektakulationen sehr viel gelegentlich karge Weite liegt. Aber wir haben erneut erlebt, dass gerade die Dinge, die ihre Zeit brauchen, oft sehr viel tiefer wirken. Das Erkennen der Insel kam langsam, aber es erreicht uns umso befriedigender.
  • Sardinen ist oft von Fremden eingenommen worden, was bei der Einheimischen für umso mehr Traditionsbewusstsein zwecks Erhalt der eigenen Identität geführt hat. Die Spuren finden sich überall. Es ist ratsam, sich etwas mit der Geschichte zu befassen, damit man versteht, was man vor sich sieht.
  • Kurz nach unserer Abreise ist ein schlimmes Unwetter mit Tornado über Sardinien hinweggefegt, der 16 Todesopfer gefordert hat. Stürme sind ab Spätherbst dort leider auch eine Realität.
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